Zum Christopher-Street-Day 2025: Für ein selbstbestimmtes Leben für alle – Wir lassen uns nicht spalten!

Juni 30, 2025

Ende Juni 1969 kam es in New York zu mehrtägigen Aufständen gegen Polizeigewalt und staatliche Repression. Auslöser war eine Razzia im „Stonewall Inn“, einer Bar, die vor allem von LGBTI Personen besucht wurde.

In den USA der 1960er-Jahre waren gleichgeschlechtliche Beziehungen strafbar, LGBTI Personen wurden als geisteskrank dargestellt. Die Polizei war ein zentrales Instrument dieser Unterdrückung, und setzte diese mit Razzien, Festnahmen und Demütigungen durch.

Die Stonewall-Proteste richteten sich nicht nur gegen die Polizei, sondern gegen die systematische Abwertung von allen, die von den vorherrschenden Vorstellungen von Geschlecht, Sexualität und Lebensweise „abweichen“. Aus den Protesten entwickelte sich in den folgenden Jahren eine Bewegung, die sich für Selbstbestimmung einsetzte und diese Forderung mit dem Kampf gegen Rassismus und Krieg, etwa im Widerstand gegen den Vietnamkrieg, verband.

Auch wenn sich seither einiges verändert hat, Jahrzehnte nach Stonewall sind wir noch immer nicht frei. Auch weiterhin werden Menschen aufgrund ihrer Sexualität oder Identität unterdrückt. Auf ihr Bedürfnis, selbstbestimmt zu leben, wird nach wie vor mit Hetze und Gewalt reagiert. Wir haben gesehen, wie im letzten Jahr die Zahl körperlicher Angriffe auf LGBTI-Personen massiv gestiegen ist und wie CSD Demonstrationen angegriffen wurden oder wegen Bedrohungen abgesagt werden mussten.

Im Klima des gesellschaftlichen Rechtsrucks wird LGBTI-Feindlichkeit gezielt von rechten Parteien genutzt, um Ängste zu schüren und Sündenböcke für unsere Probleme zu schaffen. Parteien wie die AfD machen Stimmung gegenüber geschlechtlicher und sexueller Selbstbestimmung. Sie greifen bereits erkämpfte Rechte an und wollen uns aufgrund unserer Herkunft, Sexualität oder Geschlecht spalten.

Aber auch die Ampel-Parteien stehen für eine Politik, die nicht in unserem Interesse handelt. Unter ihrer Regierung wurden Studiengänge zu Geschlecht und Sexualität oder Förderungen für Forschungen gestrichen. Und ihre Kürzungen im Gesundheitswesen betreffen auch trans Personen, die auf medizinische Versorgung angewiesen sind: Die Finanzierungslücken in der Gesundheitsversorgung bestehen weiterhin, notwendige Behandlungen werden verweigert und spezialisierte Angebote gibt es kaum.

Auch auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich die strukturelle Ausgrenzung. LGBTI-Personen sind überdurchschnittlich oft von Erwerbslosigkeit, unsicheren Jobs und geringeren Einkommen betroffen. Viele sind in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt mit Befristungen und schlechter Bezahlung. Dazu kommt, dass wir auch am Arbeitsplatz immer öfter Gewalt oder Mobbing ausgesetzt sind.

Während Unternehmen sich in der Vergangenheit mit „diversen“ Chefetagen und Regenbogenflaggen im Pride Monat geschmückt haben, sehen wir heute, dass selbst diese Symbolpolitik nur so lange aufrechterhalten wird, wie sie dem eigenen Profit dient. Doch schon damals führte sie kaum zu Verbesserungen. Denn während ein paar bunte Aushängeschilder nach außen Fortschritt inszenieren, bleiben unsere Arbeits- und Lebensbedingungen von Unsicherheit, Ausbeutung und Diskriminierung geprägt.

Ursprünglich war der Aufstand in der Christopher Street eine Bewegung von unten. Heute wird der Tag mit großen Partys begangen, die von Unternehmen und Parteien für ihre Werbung genutzt werden, die weiterhin von unserer Ausbeutung und Ausgrenzung profitieren.

Dabei zeigt uns die Geschichte von Stonewall etwas anderes. Wirkliche Veränderung entsteht nur dann, wenn wir uns nicht entpolitisieren, isolieren und spalten lassen, sondern gemeinsam diesen Problemen entgegentreten und erkennen, dass sie strukturelle Ursachen haben. Wir suchen die Schuld nicht bei uns selbst oder unseren Mitmenschen. Sondern bei genau jenen, die von unserer Lage profitieren und bei einer Politik, die das möglich macht! Denn der Kampf für ein selbstbestimmtes Leben ist kein Kampf von einem Geschlecht gegen das andere, sondern ein Kampf zwischen unten und oben!

Deshalb kämpfen wir gemeinsam für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, bezahlbaren Wohnraum, für den Zugang zu gut erforschter medizinischer Versorgung, für ein Leben frei von Gewalt, Zwang und Unterdrückung durch Rollenbilder – für alle!